11.09.24
Seit 60 Jahren liegt ein Käfer im Königssee
Polizeiakten bringen Licht ins Dunkel
Schönau am Königssee – Seit 60 Jahren liegt am Grund des Königssees ein VW-Käfer samt der Leiche seines Fahrers. Die Geschichte ist unter Einheimischen gut bekannt, Polizeiakten und Dokumente aus der Zeit (die der BAYERNWELLE zugespielt wurden) zeigen jetzt aber neue Details.
Zunächst aber zum Unglück selbst: am 26. Januar 1964 will ein 52-Jähriger aus Salzberg (Marktgem. Berchtesgaden) seine Frau besuchen. Sie arbeitet in einem Wirtshaus auf St. Bartholomä. Weil der Königssee zugefroren ist, entscheidet sich der Mann, mit dem Auto zu fahren. Gegen 21:30 Uhr kommt er mit seinem VW Käfer in St. Bartholomä an, findet die Gaststätte aber schon dunkel vor und dreht deshalb wieder um. Auf dem Rückweg kommt er erst ins Schleudern, weicht von der ausgewiesenen Route ab und fährt auf eine Stelle zu, an der der See eisfrei ist. Dort stürzt er in den See und versinkt zusammen mit seinem Auto. Der abschließende Polizeibericht bestätigt: Es war ein Unfall, der Mann ist dabei ums Leben gekommen und seine Leiche befindet sich in dem VW Käfer.
Was kaum einer weiß: Elf Jahre (1975) später machen sich zwei Hobbytaucher auf den Weg zum Unglücksort – vermutlich wollen sie zu dem VW Käfer hinabtauchen, der sich in knapp 140 Metern Tiefe auf dem Grund des Sees befindet. Die große Tiefe stellt die Taucher vor Herausforderungen, und bei ihrem Tauchgang sterben sie. Im Zuge der Suche nach den beiden Tauchern kommt eine Unterwasserkamera zum Einsatz – auch das geht aus den Polizeiakten hervor. Die Kamera kann die Leichen der beiden Taucher ausfindig machen – und nimmt erste Aufnahmen von dem 1964 versunkenen Käfer auf. Zu sehen: Das Kennzeichen des Autos, sowie Aufnahmen der linken Seite. In den Innenraum und zum vermuteten Ort der Leiche des Fahrers kann die Kamera aber nicht schauen – die Scheiben sind angelaufen und verdreckt.
Ende der 1990er Jahre dann taucht ein Biologe mit seinem U-Boot in den Königssee, um Aufnahmen zu machen. Dabei steuert er auch den Ort an, an dem der Käfer liegt. Die Aufnahmen sind heute auf YouTube veröffentlicht – HIER geht’s zu dem Video.
► Warum ist der VW Käfer nach so langer Zeit unter Wasser noch so gut erhalten? Das liegt vor allem an der großen Tiefe, in der das Auto liegt. Dort ist das Sauerstoffanteil im Wasser sehr gering, weshalb das Auto nur sehr langsam verrostet und sich zersetzt. Irgendwann wird aber durch den Zahn der Zeit auch davon nichts mehr zu sehen sein.
Doch eine Frage stellt sich bei der Sache: Warum wurde die Leiche des 1964 ertrunkenen Mannes nie geborgen? Wie aus den der BAYERNWELLE zugespielten Unterlagen hervorgeht, gab es dazu nämlich Versuche. Anfang der 1980er Jahre wollte ein Bergungstaucher aus Freilassing den VW Käfer bergen, samt der darin vermuteten Leiche. Hierzu entwickelte er einen speziellen Hebeballon. Dieser sollte an dem Auto befestigt und anschließend mit Luft befüllt werden. Die Kosten hierfür wollte der Bergungstaucher selbst tragen, immerhin versprach er sich im Falle eines Gelingens, dass diese Technik auf das Interesse anderer stoßen könnte. Zunächst bekam er auch die Genehmigung von Seiten des Landratsamtes und der anderen Behörden – plötzlich meldete das Landratsamt Berchtesgadener Land aber: Die Leiche und der Käfer dürften doch nicht geborgen werden – wegen Störung der Totenruhe. Was folgte, war ein Rechtsstreit: Der Bergungstaucher hatte zu diesem Zeitpunkt schon viel Geld in die Entwicklung des Hebeballons investiert – der von ihm erhoffte Erfolg blieb durch die ausfallende Bergung nun aber aus.
Und so liegt auch heute noch, mehr als 60 Jahre später, ein VW Käfer auf dem Grund des Königssees. Und mit ihm: Die Leiche des damals 52-jährigen Familienvaters aus Salzberg (Berchtesgaden).